Wer Präzision erhalten möchte, sollte sich darüber klar werden, was Präzision im eigenen Kontext überhaupt bedeutet. Der Benchrestschütze wird sicher andere Maßstäbe setzen, als der gemeine Jäger. Sobald das Ziel klar ist, kann man sich den Einflussgrößen widmen. Entscheidend ist, dass alle Faktoren die gewünschte Präzision grundsätzlich zulassen.
Welche Einflussgrößen gibt es?
- Schießtechnik
- Waffensystem
- Munition
- Umwelteinflüsse
Im Folgenden wird auf die einzelnen Punkte näher eingegangen.
Schießtechnik
Für Präzisionsschüsse wird die Waffe grundsätzlich aufgelegt. Der Vorderschaft wird auf einem Sandsack, einem gummigepufferten Zweibein oder Vergleichbarem gelagert. Als Auflageposition sollte, soweit möglich, der Schwerpunkt der Waffe gewählt werden. Niemals darf die Waffe auf dem Lauf aufgelegt werden, da dies zu Hochschüssen führt. Die Auflage sollte immer weich und damit dämpfend sein. Harte Auflagen sind zu vermeiden, auch diese können Hochschüsse begünstigen. Am Hinterschaft ist eine Auflage nicht unbedingt notwendig, aber ein Sandsack oder auch nur die Hand des Schützen wirken enorm stabilisierend.
Während bei dynamischen Disziplinen eine gewisse Körperspannung notwendig ist, erfordert das Präzisionsschießen mit der Langwaffe eine möglichst entspannte Haltung. Die Waffe soll so fest wie nötig und gleichzeitig so leicht wie möglich in die Schulter des Schützen eingezogen werden (nicht umgekehrt, d.h. der Schütze soll sich nicht gegen die Waffe pressen). So fest wie nötig bedeutet, dass Rückstoß sicher aufgefangen wird und die Waffe dabei möglichst im Ziel bleibt. Die ideale Position in der Schulter ist dort, wo der Rückstoß keine Verletzungen verursacht und wo am wenigsten Bewegungen durch Muskelkontraktion vom Körper auf die Waffe übertragen werden.
Die richtige Haltung ist erst dann erreicht, wenn der Körper entspannt ist und das Ziel in der Visierlinie bleibt. Insbesondere wenn die Waffe nur am Vorderschaft aufgelegt wird, bewegt sich das Absehen in gleichmäßiger Weise auf dem Ziel als Folge der Atmung. Bei stärkeren Vergrößerungen der Optik ist sogar der Herzschlag des Schützen im Absehen sichtbar, selbst wenn die Waffe vorne und hinten aufgelegt wird. Hierbei kann das Absehen durchaus ein bis zwei Zentimeter auf 100 m Entfernung „springen“. Als Gegenmaßnahme kann man entweder den Anschlag leicht variieren oder durch körperliche Fitness für einen ruhigeren Puls sorgen.
Die Atmung soll kurz vor dem Ziehen des Abzugs ausgesetzt werden, jedoch nicht länger als einige Sekunden. Zuvor wird nur zum Teil ausgeatmet, so dass die Atemmuskulatur nicht unter voller Spannung steht und ein Restvolumen an Luft in der Lunge ist, um die Sauerstoffversorgung nicht vollständig zu unterbrechen.
Anschließend wird der Abzug gleichmäßig von vorne nach hinten durchgezogen, so dass der Schütze vom Schuss überrascht wird. Handelt es sich um einen Druckpunktabzug wird der Druckpunkt gesucht und dann gleichmäßig der Druck durch den Abzugsfinger erhöht, bis der Schuss „überraschenderweise“ bricht. Der bewusst herbeigeführte Schuss ist dagegen nicht empfehlenswert, da er häufig unterbewusst zum Mucken führt. (Als Mucken wird das Verreißen in Folge von unbewusster Schussangst bezeichnet.)
Während dem Schuss bleibt das Zielauge idealerweise geöffnet. Idealerweise deswegen, weil es meist sehr viel Übung erfordert. Dadurch wird einerseits ermöglicht, das Abkommen wahrzunehmen, andererseits kann das Verhalten des Ziels beobachtet werden (Jagd). Unmittelbar nach dem Schuss wird der Abzugsfinger weiterhin gleichmäßig durchgezogen und erst dann wieder kontrolliert nach vorne bewegt. Anschließend wird der Nachladevorgang eingeleitet (sofern erforderlich). Im fast selben Moment sollte das Ziel mit dem Absehen erneut aufgenommen werden.
Die Abzugstechnik ist für den Präzisionsschuss enorm wichtig. Wirklich deutlich wird das erst bei schwergängigen Abzügen, wie sie z.B. bei Dienstwaffen vorkommen. Insofern lassen sich Abzugsfehler durch sehr leicht gängige Abzüge oder – auf die Spitze getrieben – durch Stecher kompensieren. Das geschieht jedoch immer auf Kosten der Sicherheit. So sind mir mehrere Fälle bekannt, in denen sich ein Schuss aufgrund eines zu leichtgängigen Abzugs gelöst hat. Bei allen zum Glück ohne menschliche Verwundungen. Deswegen bin ich im Übrigen ein absoluter Gegner von Stechern. Wer eine saubere Abzugstechnik beherrscht, braucht meiner Ansicht nach keinen Stecher.
Waffensystem
Das Waffensystem besteht im Grunde aus der Systemhülse bzw. dem Gehäuse, dem Lauf, dem Schaft und der Optik samt Montage. Diesen Komponenten wird oft viel mehr Einfluss auf die Präzision zugeschrieben, als es tatsächlich der Fall ist. Die meisten heutzutage hergestellten Waffen liefern recht passable Ergebnisse. Voraussetzung ist jedoch, dass das Waffensystem grundsätzlich in Ordnung ist.
Folgendes sollte man beachten:
- Alle Komponenten müssen fest miteinander verbunden sein. Es darf nichts wackeln, klappern oder übermäßigen Spielraum haben.
- Optik und Montage müssen für das Kaliber mit dem damit verbundenen Rückstoß geeignet sein.
- Der Lauf muss (sofern konstruktionsbedingt gegeben) freischwingend sein. Er an keiner Stelle des Schaftes anliegen.
- Entgegen landläufiger Meinung ist ein langer Lauf kein Präzisionsgarant, ebenso muss ein kurzer Lauf nicht unpräzise sein. Den Laufdurchmesser außer Acht gelassen, führen lange Läufe zu einer höheren Geschossgeschwindigkeit und damit zu mehr Energie im Ziel, allerdings kann der Einfluss von ungünstigen Laufschwingungen auch größer sein.
- Das System und insbesondere der Lauf müssen sauber gehalten werden. Vor allem bei der Verwendung von bleifreien Geschossen ist eine Laufreinigung in relativ kurzen Abständen erforderlich.
Munition
Die richtige Munition ist ein besonders entscheidender Faktor. Nicht umsonst betreiben Wiederlader einen enormen Aufwand, um eine passende Laborierungen herzustellen. Wer Fabrikmunition verwendet, hat zwar den geringeren Aufwand, dafür aber auch weniger Stellschrauben, um das Optimum aus seiner Waffe herauszuholen.
Grundsätzlich ist es wichtig, dass sich die einzelnen Patronen möglichst wenig voneinander unterscheiden. Hülsenvolumen, Pulvermenge und Geschossgewicht müssen in jeder Patrone möglichst gleich sein, um gute Ergebnisse zu liefern. Ganz wichtig sind auch die Gleichmäßigkeit und Konzentrizität der Hülsengeometrie. Die meisten etablierten Hersteller bekommen die Gleichmäßigkeit innerhalb eines Loses in mehr oder weniger ausreichendem Maße hin.
Ebenso entscheidend ist die Wahl des Geschosses. Bei jeder Waffe wird es Geschosse geben, die sehr gut laufen und solche, die nicht gut funktionieren. Leider gibt es keine zuverlässige Vorhersagemöglichkeit, welche Geschosse in einer bestimmten Waffe enge Streukreise bringen. Selbst zwei baugleiche Waffen können mit der gleichen Munition unterschiedliche Ergebnisse liefern. Läufe sind sozusagen Individuen. Daher bleibt letztendlich nur das Ausprobieren, welches Geschoss am besten funktioniert.
Auch Pulver und Zündhütchen haben einen Einfluss auf die Präzision. Zum Beispiel gibt es Pulver, die mit bestimmten Kalibern und Lauflängen besser harmonieren, als mit anderen. Hier kann man sich an den Empfehlungen der Hersteller oder auch an Empfehlungen von Schützenkameraden orientieren. Allerdings ist zu beachten, dass sich die Pulvereigenschaften von Los zu Los teilweise erheblich ändern können.
Während der Wiederlader hier vielfältige Möglichkeiten hat, bleibt dem Benutzer von Fabrikmunition letztendlich nur das Ausprobieren verschiedener Munitionssorten.
Der Patronenhersteller ist übrigens in der Regel nicht das ausschlaggebende Kriterium, so dass ich bei der Auswahl immer mit der günstigsten, geeigneten Patrone beginnen würde. Sollte diese nicht passen, kann man dann zur nächst teureren wechseln.
Umwelteinflüsse
Der Einfluss von Umweltfaktoren gewinnt mit zunehmender Zielentfernung an Bedeutung. Im Wesentlichen lassen sich sämtliche Umwelteinflüsse auf folgende Größen reduzieren:
- Windgeschwindigkeit und -richtung
- Temperatur
- Luftdruck
- relative Luftfeuchtigkeit
- Schwerkraft
- Corioliskraft
Windgeschwindigkeit und -richtung
Der Wind hat einen enormen Einfluss auf die Flugbahn. Je nach Windrichtung wird das Geschoss beschleunigt, abgebremst und/oder zur Seite abgelenkt. Das Beschleunigen oder Abbremsen des Geschosses wirkt sich auf die Treffpunktlage erst bei sehr niedrigen Geschossgeschwindigkeiten (< 350 m/s) und damit über der Entfernungsgrenze der gängigen Büchsenkaliber aus. Daher wird üblicherweise nur die Seitenabweichung berücksichtigt, diese hat aber massive Auswirkungen. Als Faustformel kann bei einer Windgeschwindigkeit von 2 m/s senkrecht zur Geschossflugbahn von 1 bis 2 cm Seitenabweichung auf 100 m ausgegangen werden. Kommt der Wind von 45° zur Schussrichtung, ist nur die halbe Windgeschwindigkeit anzusetzen.
Zu beachten ist hier auch der Einfluss des Geschossdralls, dieser zieht das Geschoss immer in Drallrichtung, bei einem Rechtsdrall also nach rechts. Beispielsweise führt eine Windgeschwindigkeit von 2 m/s auf 500 m Entfernung zu einer Seitenabweichung von 46 cm, wenn der Wind von links kommt und lediglich nur 33 cm, wenn der Wind von rechts kommt (Kaliber .308 Win, 165 gr SBT, v0 = 791 m/s, 1:12“). Im ersten Fall beschleunigt der Drall die Abweichung, während er sie im zweiten Fall abbremst. Deshalb muss der Geschossdrall in Windtabellen immer berücksichtigt werden.
Auch wenn man nun die Winddrift relativ leicht berechnen kann, ist die Realität leider um einiges komplizierter. Oft wechselt das Geländeprofil, es gibt Senken und Erhöhungen und auch die Vegetation ändert sich entlang der Flugbahn. Das sorgt für Verwirbelungen und lässt damit keinen gleichmäßigen Luftstrom des Windes zu. Auch bläst der Wind bekanntermaßen gerne in Böen, wodurch sich die Windgeschwindigkeit laufend ändern kann. Und letztendlich wird man in den meisten Fällen die Windstärke und -richtung nur an der Schützenposition messen können. Also gibt es viele Unsicherheiten und das Einschätzen des Windes wird mehr oder weniger zur Erfahrungssache.
Temperatur
Neben dem Wind hat auch die Lufttemperatur einen Einfluss auf die Treffpunktlage. Mit sinkender Temperatur erhöht sich die Luftdichte und damit nimmt der Luftwiderstand zu. Das führt wiederum zu einem Tiefschuss. Wirklich deutlich wird der Effekt erst bei größeren Distanzen und deutlichen Temperaturunterschieden. So beträgt der Tiefschuss bei einer Temperaturänderung von 30 auf 10 °C bei einer Entfernung von 400 m ca. 0,1 mrad, also 4 cm. Bei 600 m Entfernung sind es schon 0,3 mrad, also 18 cm und bei 800 m Entfernung bereits 0,6 mrad, also 48 cm (Kaliber .308 Win, 165 gr SBT, v0 = 791 m/s).
Und dabei ist hier die Pulvertemperatur noch gar nicht berücksichtigt. Fast alle Pulver weisen eine deutliche Temperaturempfindlichkeit auf. Bei einem klassischen einbasigen Pulver, wie dem Vihtavuori N140 sorgt das Absinken der Temperatur von 30 auf 10 °C für einen Tiefschuss von 4 cm auf 400 m, von 12 cm auf 600 m und von 28 cm auf 800 m. Da die Patronentemperatur oft nicht der Lufttemperatur entspricht, macht eine Berücksichtigung in Ballistiktabellen keinen Sinn, hier hilft es dann nur, die Patronen möglichst unter gleichbleibenden Bedingungen aufzubewahren. Also z.B. nah am Körper.
In Summe hätten wir übrigens folgende Tiefschüsse allein aufgrund des Temperaturunterschieds:
- 400 m: 8 cm
- 600 m: 30 cm
- 800 m: 76 cm
Darüber sollte man sich im Klaren sein.
Des Weiteren gibt es noch optische Beeinträchtigungen, die durch Temperaturunterschiede von verschiedenen Luftschichten verursacht werden und zu Treffpunktabweichungen führen können. Dieses Hitzeflimmern ist vor allem im Long Range Bereich ein als Mirage bekanntes Phänomen. Aber es hat auch sein Gutes, daran lässt sich nämlich der Wind auch auf größere Distanzen einschätzen.
Luftdruck
Der Einfluss des Luftdrucks auf die Geschossflugbahn aufgrund Wetterveränderungen ist relativ gering. Erst ab einer Distanz von ca. 450 m gibt es leichte Effekte. Anders sieht es jedoch aus, wenn sich der Luftdruck aufgrund der Höhenlage ändert. Befindet sich der Schütze zuerst auf Meereshöhe und fährt er dann in die Berge auf 1000 m über dem Meeresspiegel, hat er beispielsweise mit folgenden Hochschüssen allein aufgrund des Luftdrucks zu rechnen (Kaliber .308 Win, 165 gr SBT, v0 = 791 m/s, T = 10 °C):
- 400 m: 6 cm
- 600 m: 25 cm
- 800 m: 76 cm
Die Fahrt vom Meer in die Berge kommt zugegebenermaßen eher nicht so häufig vor, die 1000 m Höhenunterschied sind hier im Voralpenland aber gar nicht so selten. In den Bergen kommen sogar noch größere Höhenunterschiede zum Tragen. Daher ist eine Ballistiktabelle immer auf eine bestimmte Höhe über Normalnull bezogen.
Relative Luftfeuchtigkeit
Die relative Leuchtfeuchtigkeit beeinflusst die Flugbahn nur in recht geringem Maße. So wird erst ab ca. 900 m Entfernung eine gewisse Abweichung spürbar. Mit zunehmender Luftfeuchtigkeit verringert sich der Luftwiderstand, so dass beispielsweise bei einer Änderung der relativen Luftfeuchtigkeit von 55 auf 100 % rF auf 1000 m Entfernung ein Hochschuss von 10 cm zu erwarten ist. Angenommen es wird mit einer Waffe geschossen, die ½ MOA Präzision erreicht, beträgt allein aufgrund der Waffe der Streukreis auf diese Entfernung ca. 15 cm. Schon wegen dem Wind wird der Streukreis auf diese Entfernung aber wesentlich größer sein, so dass die Luftfeuchtigkeit in der Praxis kaum ins Gewicht fällt.
Schwerkraft
Die Schwerkraft wirkt über die gesamte Flugbahn gleichmäßig auf das Geschoss ein, so dass es im Verlauf des Fluges an Höhe verliert. Dadurch, dass sich mit steigender Entfernung die Geschossgeschwindigkeit verringert, gewinnt die Schwerkraft zunehmend an Einfluss. Daraus ergibt sich die typische ballistische Kurve. Das Schöne an der Sache ist: Diese Kurve lässt sich mittels Ballistikprogrammen berechnen und damit kann der Geschossabfall mittels einer ASV leicht kompensiert werden. Das funktioniert, solange die Entfernung bekannt und die Waffe absolut waagrecht ausgerichtet ist. Wird die Waffe nun (unbewusst) verkantet, wirkt die Kompensation ein paar Grad in die falsche Richtung. Dadurch ist ein zur Seite abweichender (leichter) Tiefschuss zu erwarten. Die Abweichung in der Höhe kann in der Praxis vernachlässigt werden, die Seitenabweichungen bei einer um 10° nach rechts verkanteten Waffe ergeben sich wie folgt:
- 400 m: 3,9 cm
- 600 m: 6,6 cm
- 800 m: 9,2 cm
Die Abweichung bei Verkantung der Waffe fällt also insgesamt recht moderat aus. Etwas anders sieht es beim Schuss bergauf oder bergab aus. In beiden Fällen verringert sich der Einfluss der Schwerkraft, so dass ein Hochschuss die Folge ist. Folgende Tabelle zeigt die Treffpunktabweichungen für verschiedene Schusswinkel und Entfernungen:
Nun stellt sich die Frage, wie lassen sich die Hochschüsse kompensieren? Eine sehr genaue Methode stellt nebenstehende Grafik dar. Darin sind die Neigungen 15°, 30°, 45° und 60° mit jeweils einem Korrekturfaktor dargestellt.
Um den Einfluss der Geländeneigung zu kompensieren, wird die aufgrund der Entfernung zu verstellende Klickzahl mit dem jeweiligen Korrekturfaktor multipliziert. Wenn also der Geschossabfall auf 400 m Entfernung mit 26 Klicks zu kompensieren ist, dann wären bei einem Schusswinkel von 30 Grad nur noch 0,84 x 26 = 22 Klicks einzustellen. Bei einem Geländewinkel von 45° wären es 0,67 x 26 = 17 Klicks.
Die angegebenen Korrekturfaktoren liefern sehr genaue Werte für obige Beispiellaborierung, allerdings ist es nur verständlich, wenn man diese unrunden Zahlen in der Praxis nicht immer parat hat. Eine einfachere Variante sind die Korrekturwerte von Major John Plaster (Buch „The Ultimate Sniper“).
Er verwendet nur zwei Korrekturwerte: 0,7 für 45° und 0,9 für 30°. Bei einem Winkel von 15° wird gar nicht korrigiert und 60° dürften in der Praxis kaum vorkommen. Insofern funktioniert diese wesentlich einfachere Variante sehr gut, solange die Entfernung 600 m nicht überschreitet.
Zuletzt betrachten wir noch den „einfachsten“ Fall: Die Waffe ist weder verkantet, noch wird bergauf oder bergab geschossen. Der Geschossabfall ist für jede Kombination aus Waffe, Munition und Umweltbedingungen sehr individuell und kann mittels eines Ballistikrechners für verschiedene Gegebenheiten ermittelt werden. Daraus können dann umfangreiche Ballistiktabellen erstellt werden. Der Vollständigkeit halber sei hier noch der Geschossabfall für unsere Beispiellaborierung auf verschiedene Entfernungen aufgelistet:
- 200 m: -11 cm
- 400 m: -105 cm
- 600 m: -330 cm
- 800 m: -751 cm
- 1000 m: -1450 cm
Wer kein Ballistikprogramm besitzt, dem biete ich hier die Möglichkeit an, eine individuelle Tabelle zu erstellen.
Corioliskraft
Durch die Rotation der Erde wirkt auf das sich bewegende Geschoss eine Trägheitskraft, die den sogenannten Coriolis-Effekt bewirkt. Die Folge ist eine Höhen- und/oder Seitenabweichung der Treffpunktlage. Vereinfacht gilt folgendes:
Wird nach Osten geschossen, ergibt sich ein Hochschuss, wird nach Westen geschossen, ergibt sich ein Tiefschuss. Beim Schuss nach Norden oder Süden weicht die Treffpunktlage nach rechts ab. Alle anderen Schussrichtungen ergeben Kombinationen der genannten Abweichungen.
Wirklich relevant wird der Einfluss der Corioliskraft erst bei sehr großen Entfernungen. Mit einer ASV mit 0,1 mrad Teilung lässt sie sich sowieso erst ab rund 1000 m korrigieren, erst dort überschreitet die Abweichung 0,1 mrad.
Für unsere Beispiellaborierung ergeben sich folgende Treffpunktabweichung aufgrund des Corioliseffekts:
In der hierzulande üblichen Praxis ist der Effekt also in den meisten Fällen vernachlässigbar.
Achtung: sämtliche theoretisch ermittelten Umweltdaten sollten unbedingt in der Praxis verifiziert werden!
Fazit: Bei 100 m Entfernung haben Umwelteinflüsse auf die Trefferleistung wenig Einfluss (vom Wind mal abgesehen). Selbst Regen und Schnee wirken sich auf die Treffpunktlage kaum aus, sofern die Waffe nicht direkt beeinträchtig ist (das heißt kein Wasser im Lauf oder an der Mündung). Für alle deutlich weiteren Schussdistanzen müssen Umwelteinflüsse Berücksichtigung finden.