Am Beispiel von 25 Hülsen von abgeschossenen IMI-Fabrikpatronen im Kaliber 223 Rem. erkläre ich die Vorgehensweise beim Wiederladen. Achtung: Nachahmung auf eigene Gefahr!
Ausgangslage
Für meinen Mossberg MVP-Repetierer möchte ich eine Setzleiter erstellen. Bisher setze ich die Geschosse an die Felder und Züge, um eine ausreichende Präzision zu erreichen. Die Präzision ist zwar super, allerdings passen die Geschosse nicht mehr ins Magazin, wodurch ich den Repetierer aktuell als Einzellader verwende. Diesen Zustand möchte ich ändern und hierfür 5 x 5 Patronen mit jeweils unterschiedlichen Setztiefen laden.
Welche Komponenten werden benötigt?
Hülsen:
Hier wähle ich 25 IMI-Hülsen, die ich beim letzten Langwaffentraining mit meiner OA-15 M4 verschossen habe. Ich verwende grundsätzlich nur Hülsen mit Boxer-Zündung – Berdan-Zünder sind mir zu aufwändig. Da ich regelmäßig trainiere, komme ich nicht in die Verlegenheit, Hülsen kaufen zu müssen. Beim Training fallen immer ausreichend Hülsen an und diese fange ich meistens gleich mit dem Hülsenfangsack auf. Das erstpart mir drei wesentliche Punkte: Die Hülsen müssen nicht vom Boden aufgelesen werden, es sind kaum welche beschädigt und der Verschmutzungsgrad ist wesentlich geringer. Das sind drei Vorteile, die enorm Zeit sparen.
Zündhüchten:
Für das Kaliber 223 Rem. sind Small Rifle-Zündhütchen notwendig. Ich verwende die Standard-Zündhütchen von Murom, diese sind günstig und ich habe damit gute Erfahrung gemacht.
Pulver:
Aufgrund der enormen gesetzlichen Vorschriften ist die Lagermenge bei Nitrocellulosepulvern sehr beschränkt, so dass ich keine große Pulverauswahl lagernd habe. Für das Kaliber 223 Rem. habe ich aktuell Vihtavuori N135 vorrätig, daher verwende ich dieses.
Geschosse:
In Verbindung mit der Mossberg MVP und dem N135 Pulver haben sich die Sierra Tipped MatchKing 77 gr Geschosse bewährt. Für den schnellen Drall von 1:7 kommen generell keine kurzen und damit leichten Geschosse in Frage.
Welche Werkzeuge sind notwendig?
- Tumbler (optional)
- Wiederladepresse
- Kalibriermatrize
- Hülsenhalter
- Setzmatrize
- Schieblehre
- Hülsentrimmer
- Entgrater
- Zündglocken-Uniformer / Zündglockenreiniger (optional)
- Akkuschrauber und HSS Bohrer (optional)
- Pulverwaage
- Permanent Marker
- Zündhütchensetzgerät
- Akkuschrauber (optional)
Welche Arbeitsschritte sind notwendig?
- Hülsen reinigen (optional)
- Defekte Hülsen aussortieren
- Hülsen kalibrieren
- Hülsen vermessen, ggf. trimmen und entgraten
- Zündglocken anpassen und reinigen (optional)
- Zündkanäle anpassen und entgraten (optional)
- Hülsen verwiegen, sortieren und beschriften (optional)
- Zündhütchen setzen
- Pulver verwiegen und einfüllen
- Geschoss setzen
Vorgehensweise
1. Hülsen reinigen (optional)
Im ersten Schritt werden die Hülsen vom anhaftenden Schmutz befreit. Dieser Schritt ist nicht unbedingt notwendig, da auch verschmauchte Hülsen hervorragende Trefferbilder hervorbringen können: die hier verwendeten Hülsen stammen alle aus der gleichen Waffe und wurden nicht vom Boden aufgesammelt, so dass man in diesem Fall von einer ausreichenden Gleichmäßigkeit ausgehen kann und die Reinigung nicht zwingend notwendig wäre. Dennoch möchte ich nicht, dass der Schmauch sich auf meinem Wiederladeequipment verteilt. Außerdem können evenutelle Probleme bei sauberen Hülsen leichter erkannt werden – also mache ich sie sauber.
Zweckmäßigerweise verwendet man hierzu einen Tumbler – in meinem Fall den TwinTumbler von Lyman. Der hat den Vorteil, dass zwei Behälter mitgeliefert werden. Einer für ca. 450 g und der andere für ca. 900 g Hülsenmaterial. Warum kann der große Behälter nicht für eine geringe Hülsenzahl, z.B. 300 g, verwendet werden? Je nach Hülsengeometrie ist bei einer zu geringen Beladung die Umwälzung nicht mehr garantiert, daher sollte man den Tumbler weder unter- noch überbeladen.
Das Gerät arbeitet mit Granulat, welches in Form verschiedener Materialien angeboten wird. Bewährt hat sich z.B. Walnußschalengranulat mit einigen Spritzern Scheuermilch, Messingpolitur oder ähnlichem. Die Flüssigkeit muss vor dem hinzugeben der Hülsen gut untergemischt werden, es dürfen keine Klumpen mehr vorhanden sein. Die Füllhöhe des Behälters richtet sich nach der Anleitung, in diesem Fall 1/2 bis 3/4 des Behältervolumens.
Ist der Tumbler samt Granulat und Scheuermilch vorbereitet, können die Hülsen hinzugegeben werden. Die Menge richtet sich nach dem Behältervolumen: In jedem Fall müssen die Hülsen nach dem Anschalten umgewälzt werden. Ist dies nicht der Fall, sind es zu wenig oder zu viele Hülsen.
Je nach Verschmutzungsgrad kann der Reinigungsvorgang 1 bis 4 Stunden dauern. Hier sollte regelmäßig kontrolliert werden.
Alternative Reinigungsmethoden: Es soll Leute geben, die Ihre Hülsen in der Waschmaschine oder ähnlichem Reinigen. Wenn nicht gerade eine eigene Waschmaschine zum Hülsenreinigen verwendet wird, ist grundsätzlich davon abzuraten. Schließlich wird dabei der gesundheitsschädliche Schmauch in dem gleichen Gerät wie die eigene Kleidung gewaschen. Steht kein Tumbler zur Verfügung, ist es besser, die Hülsen mit einem Tuch per Hand abzuwischen, dies ist in der Regel ausreichend, wenn man auf die glänzende Optik verzichten kann. Eine andere Alternative stellen Ultraschallreinigungsgeräte dar. Diese funktionieren aber auch nur mit chemischen Zusätzen zuverlässig und sind wesentlich teurer in der Anschaffung. Daher für mich keine Option.
2. Defekte Hülsen aussortieren
Wichtig ist die Inspektion der Hülsen vor der weiteren Bearbeitung. Alle Hülsen mit Rissen oder größeren Verformungen werden aussortiert. Kleinere Eindellungen spielen keine Rolle. Verformungen im Halsbereich verschwinden in der Regel bei der Kalibrierung. Ist das nicht der Fall, muss die Hülse aussortiert werden.
3. Hülsen kalibrieren
Grundsätzlich muss entschieden werden, ob die Hülsen voll- oder halskalibriert werden sollen. Die Vollkalibrierung hat den Vorteil, dass die Patronen später in alle Waffen des Kalibers passen, während die halskalibrierten Hülsen in der Regel nur aus dem gleichen (oder einem größeren) Patronenlager verschossen werden können. Demgegenüber hat die Halskalibrierung weniger Materialverschleiß zur Folge, die Hülsen können öfter wiederverwendet und müssen nicht so oft getrimmt werden. Außerdem soll die Präzision etwas besser sein als bei der Vollkalibrierung, da die Hülsenwand schon ans Patronenlager angepasst ist. Allerdings muss auch beim Halskalibrieren nach einigen Ladezyklen wieder vollkalibriert werden, spätestens dann, wenn sich der Verschluss der Waffe nur noch schwer betätigen lässt. Das ist häufig nach 4-5 Halskalibrierungen der Fall. Wer sich nur eine Kalibriermatrize zulegen möchte, sollte zur Vollkalibriermatrize greifen.
Da ich die IMI-Hülsen aus einem M4 verschossen habe und nun in einer anderen Waffe verwenden möchte, kommt nur die Vollkalibrierung in Frage. Hierfür verwende ich eine Forster-Vollkalibriermatrize. Diese muss vor der erstmaligen Verwendung eingerichtet werden.
Beim Vollkalibrieren ist es wichtig, die Hülsen leicht zu fetten, da ansonsten eine Hülse in der Matrizen stecken bleiben kann. Ohne Hülsenretter hat man dann ein größeres Problem.
Einrichten einer Kalibriermatrize
Zuerst wird der äußere Ring der Matrize gelockert und dann die Matrize in die Presse ca. zu einem Drittel eingeschraubt. Der innere Gewindestift mit dem Außstoßer muss komplett entfernt werden, so dass vorerst nur eine äußere Kalibrierung erfolgt. Anschließend wird eine zu kalibrierende Hülse mit Kerzenruß im Halsbereich geschwärzt und dann in den Hülsenhalter gestellt. Beim betätigen der Presse wird die Hülse vermutlich nicht weit genug in die Matrize geführt, so dass diese weiter in die Presse eingeschraubt werden muss. Dies wird stückweise mit immer prüfendem Betätigen der Presse so lange praktiziert, bis ein Teil des Hülsenhalses vom Ruß befreit ist.
Nun werden die vorangegangenen Schritte mit größter Vorsicht und kleineren Abständen so lange wiederholt, bis der komplette Hülsenhals vom Ruß befreit ist. Sobald dies der Fall ist, wird der äußere Spannring der Matrize bis zur Presse heruntergeschraubt (die Matrize dabei festhalten, damit sie sich nicht verstellt) und fest angezogen. Nun kann der innere Gewindestift wieder eingeschraubt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass sich der Hülsenhalsaufweiter auf der richtigen Höhe befindet. Bei voll betätigter Presse muss er unterhalb des Hülsenhalses sitzen. Ebenso muss der Zündhütchenausstoßer so eingestellt sein, dass das Zündhütchen sicher ausgestoßen wird. Nun ist die Matrize fertig eingerichtet.
4. Hülsen vermessen, trimmen und entgraten
In diesem Schritt wird zunächst mit der Schieblehre die Länge L3 der Hülsen vermessen, diese darf laut CIP maximal 44,70 mm betragen. Alles was darüber ist, muss in jedem Fall getrimmt werden. Das würde für eine sichere Ladung ausreichen. Da ich jedoch einen gleichmäßigen Ausziehwiderstand gewährleisten möchte, sollen alle Hülsenhälse und damit auch die Hülsen die gleiche Länge aufweisen. Hierzu trimme ich alle Hülsen auf das Maß der kürzesten Hülse, wenn keine allzu großen Ausreißer nach unten dabei sind (diese werden entsorgt).
Einrichten des Trimmers
Dazu wird in den Hülsentrimmer der Führungsdorn im Kaliber 22 eingeschraubt und die kürzeste Hülse in den Schnellspannverschluss locker eingespannt. Bevor der Schnellspannverschluss festgezogen wird, muss der Führungsdorn vollständig in den Hülsenmund eingefahren werden. So wird die noch bewegliche Hülse ausgerichtet und erst jetzt darf der Verschluss fester angezogen werden. Nun wird die maßgebliche Hülsenlänge durch lockern, verschieben und anschließendem wieder festschrauben des Fixierringes am Trimmer eingestellt. Wurde der Trimmer richtig eingerichtet, darf kein Material von der kürzesten Hülse abgetragen werden, wenn die Kurbel betätigt wird.
Im Anschluß können die anderen Hülsen auf das gleiche Maß abgedreht werden. Nach dem Abdrehen entsteht am inneren und äußeren Hülsenmund jeweils ein Grat, der noch mit dem Entgrater entfernt werden muss. Hier reichen ein paar wenige Drehbewegungen, der Hülsenmund soll schließlich nicht zur Klinge werden.
Tipp: Es hat sich bewährt, sich auf ein bestimmtes Maß L3 generell festzulegen. Dies kann dann für alle zukünftig zu bearbeitenden Hülsen verwendet werden. Dazu muss nur eine Hülse mit diesem Maß aufbewahrt und entsprechend gekennzeichnet werden. Diese kann dann bei zukünftigen Trimmvorgängen als Matrize zum Einrichten des Trimmers dienen. So wird eine konstante Länge L3 über lange Zeit gewährleistet.
5. Zündglocken anpassen und reinigen (optional)
Ob dieser Schritt tatsächlich einen Einfluss auf die Präzision hat, konnte ich leider noch nicht verifizieren. In manchen Fällen kann das Anpassen der Zündglocken jedoch zwingend notwendig sein, nämlich dann, wenn die Zündhütchen nicht oder nur mit enormer Kraft in die Zündglocke gedrückt werden können. In diesem Fall kommt der Zündglocken-Uniformer zum Einsatz. Dieser wird auf die Hülse mit der tiefsten Zündglocke eingestellt und z.B. in einen Akkuschrauber eingespannt. Nun können relativ bequem alle Zündglocken auf das gleiche Maß ausgefräst werden.
In den meisten Fällen lassen sich die Zündhütchen jedoch ohne Zündglocken-Uniformer setzen. Dennoch empfiehlt sich eine vorherige Reinigung mit dem Zündglocken-Reiniger, um Schmauch und Granulatrückstände zu entfernen.