Datenbuch

Der Begriff Datenbuch kommt ursprünglich aus dem Scharfschützenwesen und umfasst eine Sammlung von Daten, die fürs Treffen unter sämtlichen Bedingungen notwendig sind. Welche Daten das sind, hängt letztendlich vom Anwendungszweck ab. In meinem Fall besteht das Datenbuch aus:

Ballistiktabellen
(coming soon…)
Hilfsmittel zur Entfernungs- und Windeinschätzung
(coming soon…)

Warum ist eine Dokumentation überhaupt notwendig?

Schießen mit Großkaliberwaffen ist ein relativ teures Freizeitvergnügen. Umso ärgerlicher ist es, wenn etwas nicht so funktioniert, wie es soll. Aufgrund der Vielzahl an Einflussgrößen kann so manch auftauchende Problematik schnell ins Geld gehen und viel Zeit kosten, siehe auch Einflussfaktoren Präzision. Und ganz unabhängig von Zeit und Geld – es ist einfach nervig, wenn das Trefferbild nicht passt. In der Praxis sieht das dann gerne mal so aus:

Die übliche Praxis

Während eines erwartungsvollen Besuchs auf der Schießanlage mit einer Repetierbüchse im Kaliber 308 Winchester ist es plötzlich passiert: Die zweite Gruppe hat mehrere Ausreißer! Bei der ersten Gruppe war noch alles gut, aber bei der Zweiten ist der Streukreis jenseits von Gut und Böse! Der Schütze denkt sich: „das kann doch nicht sein“ und probiert es gleich noch einmal. Oh je… wieder das gleiche Schlamassel. Nach der dritten, vierten oder vielleicht fünften Runde mit jeweils etwas „Rumprobieren“, streicht unser Schütze die Segel und packt zusammen. Die Ergebnisse waren – bis auf das erste – alle ähnlich schlecht.

Er überlegt, was da wohl los sein könnte? Letztens ist er doch mit dem ZF am Hochstand hängen geblieben, eventuell hat dabei das ZF einen mitgekriegt? Wobei, das kanns eigentlich nicht sein, die erste Gruppe hat ja gepasst… Er erinnert sich, dass er vor einiger Zeit Munition nachgekauft hat. Hat er etwa ein anderes Los erwischt? Das lässt sich leider nicht mehr herausfinden, da er die Verpackung am Schießstand weggeworfen hat. Aber solche Abweichungen wären bei dem Munitionshersteller ja auch ungewöhnlich. Möglicherweise hat die Konzentration einfach nachgelassen? Oder war der Lauf nach mehreren Schüssen einfach zu heiß?

Unser Schütze beschließt, dass es wahrscheinlich an der Konzentration oder vielleicht am heißen Lauf lag und will es beim nächsten Schießtermin in 4 Wochen einfach nochmal probieren. Auch will er dann nach jedem Schuss ausreichend Zeit verstreichen lassen, so dass sich der Lauf nicht so stark erwärmt.

Nachdem rund ein Monat vergangen ist, macht er sich daran, die Trefferleistung seiner Waffe erneut zu prüfen. Die erste 5er Gruppe liegt gut beieinander, die zweite ist miserabel und die dritte ist so mittelmäßig. Völlig frustriert und irritiert rätselt unser Schütze mit seinen Vereinskameraden über die möglichen Ursachen. Da Konzentration und Lauferwärmung nun eigentlich nicht mehr in Frage kommen, wird folgendes in Betracht gezogen:

  1. ZF oder Montage defekt: Das ZF wurde am Hochstand angeschlagen, ein Defekt ist nicht auszuschließen.
  2. Munitionslos: Beim Nachkaufen von Munition könnte es sich um ein andere Fertigungscharge gehandelt haben.
  3. Temperatur: Zwar hat er diesmal auf die Lauftemperatur geachtet, aber es war auch ein recht heißer Tag, so dass die Patronentemperatur durchaus auch eine Rolle gespielt haben könnte (die meisten Pulver sind temperaturempfindlich). Leider kann er sich nicht mehr an das Wetter vor vier Wochen erinnern…
  4. Mangelnde Laufreinigung: Viele Waffen fangen ab einer bestimmten Schusszahl an zu streuen. Nur wann war die letzte Reinigung?
  5. Waffenauflage: diesmal hat unser Schütze ein Zweibein benutzt, aber war das vor vier Wochen auch so? Oder hatte er auf einer Sandsackauflage geschossen?

Fragen über Fragen…

Man kann sich gut vorstellen, dass sich bei einem Wiederlader noch wesentlich mehr mögliche Ursachen finden würden… aber bleiben wir bei unserem Beispiel. Unser Schütze muss nun wohl oder übel eine mögliche Ursache nach der anderen durch Ausprobieren ausschließen.

In Summe bedeutet das:

Vermutetes ProblemPrüfung/AbhilfeUngefährer Munitionsbedarf
ZF defektPrüfmuster schießen, siehe auch Waffe streut12 – 20 Patronen
Neues MunitionslosAnderes Los oder andere Munitionssorte testen5 – 20 Patronen
Zu hohe TemperaturNochmaliger Versuch mit den gleichen Patronen an einem kühleren Tag5 – 10 Patronen
Reinigung erforderlichLauf chemisch reinigen und Probeschießen10 – 15 Patronen
WaffenauflageMit einer Sandsackauflage statt dem Zweibein schießen5 – 10 Patronen

Hier können sehr schnell einige Stunden Zeit und 40 bis 80 Schuss Munition zusammenkommen. Und erschwerend kommt hinzu, dass z. B. mit der Reinigung eine Stellschraube verändert wird, die möglicherweise gar nicht der Grund für die große Streuung war. Es kann also passieren, dass man danach nur noch mehr im Nebel herumstochert.

Wenn man Schießzeit, Munition, Fahrten zum Schießstand, Schießstandgebühren, Vor- und Nachbereitung zu Hause usw. zusammenrechnet, kommt schnell ein enormer Zeit- und Kostenaufwand zustande.

Da wäre es sehr hilfreich, wenn einige der in Frage kommenden Probleme gleich von vorn herein ausgeschlossen werden könnten. In diesem Fall ist das leider nicht mehr möglich.

In Zukunft können jedoch detaillierte Aufzeichnungen bei jedem Schießstandbesuch Abhilfe schaffen. In unserem Beispiel hätten damit die meisten möglichen Ursachen von vorn herein ausgeschlossen oder gleich näher in Betracht gezogen werden können.

Die Notiz des Munitionsloses bei jedem Schießen zeigt sofort, ob eine Änderung der Schießleistung oder eine Verlagerung des Treffpunkts an der Fertigungscharge liegen kann.

Das Notieren der Wetterdaten zeigt, ob sich die Umweltbedingungen an zwei oder mehreren Schießterminen wesentlich unterscheiden.

Das Führen eines Rohrbuchs dokumentiert jede Reinigung und die Anzahl der seitdem abgegebenen Schuss.

Auch weitere Einflussgrößen, wie die Schießauflage, ob ein Schalldämpfer verwendet worden ist, die ZF-Einstellung usw., sind hilfreich, um Problemen auf die Schliche zu kommen.

Aus diesem Grund ist es absolut empfehlenswert, jeden Schießstandbesuch bzw. jedes Ein- oder Anschießen im Revier detailliert zu protokollieren.